Reisebericht "Türkei mit Ararat-Besteigung"

Der Mt. Ararat - die Höhenangaben differieren zwischen 5.137 m und 5.165 m - zählt wegen seiner biblischen Erwähnung sicher zu den bekanntesten Bergen der Welt, nebenher ist er der Höchste der Türkei.
Auf Grund seiner Lage im kurdischen Teil Ostanatoliens bzw. im Grenzgebiet zu Armenien, Nachitschewan (Aserbeidschan), Iran und Irak war der Berg durch 15 Jahre für Touristen gesperrt. Seit drei Jahren darf er wieder bestiegen werden.
In Ansehung der derzeitigen politischen Situation im Irak und Iran und der bekannten Probleme der türkischen Regierung mit ihrer kurdischen Bevölkerung, habe ich die Gelegenheit dazu sofort genützt.

Am frühen Morgen des 8. Juli treffen wir - das sind Sepp Doppler als Reiseleiter und 13 Reiseteilnehmer (zum ersten Mal in meiner Reiselaufbahn alles Niederösterreicher aus meiner unmittelbaren Umgebung) - am Flughafen ein. Der Flug führt uns zuerst nach Istanbul; hier treffen wir unseren örtlichen Reiseleiter Yüksel.
Am Nachmittag besuchen wir mit der Hagia Sophia, dem Topkapi Palast und der Blauen Moschee die wichtigsten Sehenswürdigkeiten der Stadt.

Am nächsten Morgen erfolgt unser Weiterflug in die Osttürkei nach Van. Van war in der vorosmanischen Zeit die Hauptstadt des Königreiches Urartu. Auf einem Felsrücken über dem Van-See sind noch Reste der urartäischen Königsburg erhalten. Die Ausdehnung der Ruinenanlage ist zwar enorm, aber eher unspektakulär. Dafür entlohnt jedoch der Blick über die Stadt und den Van-See, der nicht nur siebenmal größer als der Bodensee, sondern der größte Sodasee der Welt ist.

Nach einer kurzen Nacht - der Besuch im Nachtclub "Barabar" hat etwas länger gedauert - verlassen wir Van für einen Ausflug zur Insel Akdahmar. Auf der Insel befindet sich die armenische Heiligkreuz-Kirche aus dem 10. Jhdt., die aber gerade renoviert wird und daher nicht zugänglich ist. Anstelle der Besichtigung entschließe ich mich also zu einem erfrischenden Bad im See.
Nachmittags erfolgt die Weiterfahrt nach Dogubayazit dem Ausgangspunkt der Araratbesteigung, wobei wir noch bei den sehenswerten Bendimahi-Wasserfällen einen Zwischenstopp einlegen. Die an der iranischen Grenze gelegene Stadt liegt auf einer Hochebene, die der Mt. Ararat mit seiner schimmernden Gletscherhaube um rund 3.000 m überragt.

Margarite

Nach einer erholsamen Nacht - in Dogubayazit gibt es keine Nachtclubs mehr - verladen wir unser gesamtes Gepäck, samt Lebensmittel, Campausrüstung und 4 Paletten Efes-Bier auf einen Lastwagen und fahren Richtung Berg. Mit dabei sind auch noch Yildrim unser türkischer Bergführer, die beiden Köche Ahmet und Kamil und last but not least unser Camphund Hermes. Nach einer knappen Stunde Fahrzeit über eine Schotterpiste sind wir am Ende der Fahrstraße (ca. 2.200 m) angelangt. Hier wird das Gepäck und die Ausrüstung auf Pferde umgeladen, die für den Weitertransport in das Camp sorgen. Auch wir verlassen unsere Minibusse und machen uns auf den Weg.
In gemächlichem Tempo steigen wir die 1.000 Höhenmeter in rund 5 Stunden zum Green Camp auf, das auf einer schön gelegenen Wiese direkt neben einem Gletscherbach eingerichtet wird. Von hier aus kann man den Gipfel und nahezu die gesamte Aufstiegsroute sehen.
Beim Einlangen im Camp wartet uns unsere Crew sofort ein gletscherbachgekühltes Bier auf, was uns den nötigen Antrieb zum Zeltaufbau verschafft. Das Wetter ist strahlend schön und trotz der Höhe (ca. 3.200 m) ist es angenehm warm. Nach einem erstklassigen Abendessen sitzen wir noch eine Weil plaudernd im Kreis, bis nach und nach alle in den Zelten verschwinden.

Der Tag danach dient zur besseren Akklimatisation, wir steigen ca. 900 Höhenmeter zum Hochlager auf. Der Weg führt, anfangs gemütlich, dann aber immer steiler werdend, den schwarzen Schotterhang hinauf. Hier, auf zwei Terrassen, herrscht lebhaftes Treiben. Mehrere Gruppen sind anwesend, wobei die Einen nach der Gipfelbesteigung gerade ihre Ausrüstung für die Packpferde verladen und die Anderen auf den frei gewordenen Plätzen ihr Nachtlager einrichten. Nach ein paar Stunden Höhenluft steigen wir wieder in das Green Camp ab, wo wir natürlich wieder ein paar gut gekühlte Biere vorfinden (no na, dafür haben wir`s ja mitgenommen!).

Nach der zweiten Zeltnacht wird es ernst, wir verlegen ins Hochlager. Das nötige Gepäck, die Zelte und die Verpflegung für die nächsten Tage wird wieder auf die Pferde verladen. Den Weg kennen wir bereits und schon nach rund 2 Stunden sind die ersten Bergsteiger im Hochlager eingelangt. Das Wetter ist nach wie vor schön, aber der starke Wind lässt uns sofort in die Jacken schlüpfen. Nach dem windbedingt etwas umständlichen Zeltaufbau steigen wir zur weiteren Akklimatisation (und weil ja noch genug Zeit ist) noch ca. 200 - 300 m höher hinauf. Der Tiefblick auf das Lager, das Green Camp und nach Dogubayazit ist atemberaubend.
Ahmet, unser Hochlagerkoch, bereitet in der Zwischenzeit ein stärkendes Abendessen zu, das bei unserer Rückkehr aufgewartet wird. Bald danach liegt alles in den Schlafsäcken, denn um 2 Uhr morgens wird zum Gipfelaufstieg geweckt.

Das Zelt knattert die ganze Nacht im Wind, die Nervosität tut ihr Übriges und so kommt es, dass der Schlaf auf sich warten lässt. Endlich ertönt der Weckruf und nach ein paar Minuten stehen bereits alle fertig angezogen vor den Zelten. Ein kurzes Frühstück im Schein der Stirnlampen. Die Trinkflaschen werden noch mit heißem Wasser oder Tee gefüllt und schon bald sind wir am Weg hinauf zum Gipfel. In einiger Entfernung über uns glimmen die Lichter einer weiteren Aufstiegsgruppe, die vor uns gestartet ist.
Bald schon haben wir - das sind Bergführer Yildrim, mein Zimmer- und Zeltkamerad Karl und ich - uns von den anderen abgesetzt und steigen mühsam durch das lose Schottermaterial den steilen Pfad hoch. Nach einer guten Stunde ist es bereits so hell, dass wir unsere Lampen ausschalten können. In der Zwischenzeit sind wir so hoch gestiegen, dass der Boden mehr oder weniger gefroren ist, was uns das Zurückrutschen erspart. Nur der heftige Wind hält hartnäckig an. Mit dem Höherstiegen der Sonne können wir auch den Bergschatten beobachten, der weit in das Land hinein reicht.
Um 7:15 Uhr haben wir bei ca. 4.900 m die Gletscherkappe erreicht. Wir legen die Steigeisen an und lassen die Felsen hinter uns, das Gelände wird jetzt flacher und einfacher. Schon eine halbe Stunde später stehen wir drei nach 4:45 Stunden Gehzeit bei strahlend schönem Wetter und wolkenlosen Himmel auf dem Gipfel des Mt. Ararat.
Nach den obligaten Gipfelfotos und wegen dem schönen Wetter beschließen wir auch noch den Nebengipfel zu besteigen, wozu wir vorerst einmal ca. 150 m absteigen müssen. Von dort aus kann man sehr schön zum Kleinen Ararat (3.925 m) hinüber sehen. Nach einer weiteren Runde am weitläufigen Gipfelplateau machen wir uns nach einer Stunde auf den Rückweg.

Schon bald nach dem Gipfel treffen wir auf die Ersten unserer Gruppe, die zielstrebig dem Gipfel entgegensehen. Ein paar aufmunternde Worte sind schnell ausgesprochen und wir setzen unseren Abstieg fort. Der hat es dann aber wirklich in sich! Der zuvor gefrorene Boden ist mittlerweile aufgetaut und macht die Steilstücke des Abstieges noch rutschiger als sie es vorher schon waren. Vorsichtig, jeden Schritt genau überlegend, rutsche ich weiter hinunter.
Um 10:00 Uhr bin ich wieder im Hochlager angelangt, wo mir unser Koch Ahmet sofort eine heiße Tasse Tee anbietet. Bald darauf ist auch Karl im Hochlager angekommen und wir vereinbaren, dass wir mit dem Abstieg in das Green Camp warten, bis alle unsere Bergkameraden vom Gipfel zurück sind. Nach rund 3 Stunden kommt die erlösende Nachricht, alle haben es geschafft und sind heil zurückgekommen.

Zurück im Green Camp führt der erste Weg natürlich sofort zum Naturkühlschrank um ein Bier. Erst danach folgt die Körperpflege, aber das ist wohl auch verständlich. Nach einem ausgiebigen Abendessen wird der Gipfelerfolg bei Bier und Raki gebührend gefeiert, wobei die Vorräte jedoch schon bald zur Neige gehen. Also bleibt uns nichts anderes übrig, als in den Schlafsack zu schlüpfen und den langen und anstrengenden Tag zu beenden.
Frühmorgens entdeckt Hermes unser Camphund, dass der Reißverschluss unseres Zeltes nicht vollständig geschlossen ist. Das nützt er natürlich sofort für einen Besuch in unserem Schlaflager, wobei seine Absicht nicht im Schlafen, sondern im Spielen liegt. Für Karl und mich geht damit die letzte Zeltnacht am Berg zu Ende.

Am späten Morgen erfolgt dann der Rückmarsch in das Tal. Ziel ist wieder unser Ausgangspunkt beim Dorf Eli, wo wir wieder abgeholt werden. Bevor wir jedoch abfahren lassen wir uns in einem schattigen Garten nieder, um: - richtig geraten, ein paar Bier zu trinken! Solchermaßen gestärkt treffen wir bald darauf in unserem Hotel in Dogubayazit ein. Der Zeitpunkt ist genau richtig, befinden wir, um einen Barbier- bzw. Friseursalon aufzusuchen. Sepp und Dietmar vertrauen auf das Können des Meisters und begeben sich unter das Messer, wobei sich bei Sepp die Rasur dann gleich bis in den Nacken erstreckt. Ich selbst lasse mir meine doch schon beträchtlich langen Haare anständig kürzen und eine adrette Frisur zurechtrichten. Zusätzlich wird noch der Vollbart gestutzt und ausrasiert. Bei der Abrechnung zahle ich dann rund 3,50 Euro; das nenne ich Service!

Tags darauf besichtigen wir noch den Ishak Pasa Palast, der als eines der ungewöhnlichsten Bauwerke der Türkei gilt. Der zwischen 1685 und 1784 erbaute, burgähnliche Palast wurde unter der Herrschaft des kurdischen Emirs von Dogubayazit Çolak Abdi Pasa und seinem Sohnes Ishak Pasa II erbaut. Der Gebäudekomplex vereint armenische, georgische, persische, seldschukische und osmanische Architekturstile. Danach treten wir unsere Rückreise nach Van an, um anderntags nach Istanbul weiter zu fliegen.

In Instanbul verbleiben uns noch zwei Halbtage zur eigenen Verfügung. Und hier stellt sich dann auch heraus, dass mein Zimmergenosse Karl ein ausgesprochener Experte in Sachen Teppiche ist. So verbringen wir Stunden in verschiedenen Teppichläden mit Besichtigungen, Fachdiskussionen, Verkaufsgesprächen und natürlich Teetrinken. Karl kann ein paar schöne Stücke erwerben und fast bin ich versucht, es ihm gleichzutun. Doch die Unsicherheit ob das Stück dann auch in meine Wohnung passt, lässt mich wieder davon abkommen. Für Besichtigungen bleibt da wenig Zeit, aber man kann ja wiederkommen, Istanbul ist ja quasi um die Ecke!

Abschließend betrachtet war die Tour sehr gut organisiert, alles ist reibungslos abgelaufen. Die Reiseteilnehmer waren ein ausgesprochen lustiger Haufen, ich habe selten so viel Spaß bei einer Bergbesteigung gehabt wie hier. Vor allem mein Zimmer- und Zeltkollege Karl war eine angenehme Bereicherung, ich glaube wir haben uns sehr gut ergänzt.
Schade, dass 11 Tage so schnell vorbei gehen!



aktualisiert: 06.02.2006
Martin Nessl, A-3494 Theiß, Obere Hauptstraße 2
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